BSR 62: To fake or not to fake

Prolog

Sie sind es leid, von diesen verrückten Verschwörungsspinnern zu hören?

Ja, ich kann Sie verstehen. Die können ganz schön nerven mit ihren ewigen Predigten: „Wacht auf, ihr Schlafschafe!“ Und sie vertreten immer irgendeine extremistische Agenda und belehren einen über die Politik Russlands und die Geschichte der Federal Reserve und die neuesten Weißbücher der UNO und andere seltsame Themen, die niemanden interessieren.

Das Letzte, was Sie wollen, ist, auf einer Party von einem dieser Spinner mit Aluhut in die Enge getrieben zu werden, oder?

Aber Sie stehen doch auf Sport, oder? Und auf soziale Medien? Und Unterhaltung? Sie wissen schon, alltägliche Sachen, über die normale Leute gerne reden? Das trifft sich gut. Ich habe nämlich ein paar Dinge, worüber wir reden können. Keine Sorge, hier gibt es keine verrückten politischen Anspielungen. Versprochen.

Die Dauerschleife der Nachrichtensprecher

Niemand glaubt wirklich, dass unsere Nachrichtensprecher einfach drauflos reden, wenn sie uns „die Nachrichten“ nahebringen, oder? Und so kommt uns meist nicht in den Sinn, dass diese freundlichen, vertrauten Gesichter in unserem Fernsehen nur Schauspieler sind, die ein Drehbuch ablesen.

Den Vogel schießen allerdings die Nachrichtensprecher in den USA ab. Haben Sie jemals den Beitrag von Conan O’Brien gesehen, in dem ein lokaler Nachrichtensprecher nach dem anderen auf allen Sendern in den USA genau das gleiche Skript abliest?

Conan O’Brien Show

Ist das so überraschend? Und warum ist es so lustig?

Wir wissen doch alle, dass die Nachrichtensprecher nur eine Geschichte vorlesen, die oft von einer nationalen oder gar internationalen Nachrichtenagentur oder der Nachrichtenredaktion eines großen Senders zusammengestellt und dann an die verbundenen Medienanstalten weitergeleitet wurde, damit sie in den abendlichen Nachrichtensendungen vorgelesen werden, oder? Und wir alle wissen, dass es nicht nur das Fernsehen so macht. Zeitungen arbeiten auf dieselbe Weise, seit es im 19. Jahrhundert die ersten drahtgebundenen Nachrichtenübermittlungsdienste gibt.

Aber es ist doch merkwürdig, wenn ein Moderator nach dem anderen sein Publikum auffordert, zu raten, „welcher Promi in ein Glas gepinkelt hat“. Nach den ersten paar Dutzend Beispielen wird es dann aber irgendwie irritierend, so als wenn man ein Wort immer und immer wieder sagt, bis es seine Bedeutung zu verlieren scheint und es nur noch eine Ansammlung von Geräuschen ist. Und an genau dem Punkt komme ich ins Grübeln, ob dies „extrem gefährlich für unsere Demokratie“ sein könnte …

Extrem gefährlich für unsere Demokratie

… aber da würden wir thematisch in Richtung Politik abdriften, worum ich in diesem Blog-Beitrag einen großen Bogen machen wollte. Also überlasse ich das letzte Wort Conan O’Brien: „Ich finde das nicht lustig, ich finde es beängstigend.“

Die wa(h)ren Influencer

Wenn Sie ein Normalo im Jahr 2023 sind, dann ist Ihre Lieblingsbeschäftigung das Scrollen durch Social-Media-Feeds.

Wer verbringt nicht gerne Stunde um Stunde am Smartphone, scrollt ziellos durch Instagram und bestaunt die neuesten exotischen Urlaubsfotos der Top-Influencer und die Schnappschüsse ihrer ausgefallenen Designerwaren?

Stimmt, das tun wir alle!

Aber trotzdem … Sie wissen schon, dass das alles fake ist, oder?

Wir sind uns alle bewusst, dass das Bild Ihres Lieblings-Influencers, der in seinem „Privatflugzeug“ auf dem Weg zu seinem nächsten fantastischen Auslandsabenteuer schwelgt, buchstäblich nur eine Fotokulisse ist, oder?

Und wir alle wissen, dass diese atemberaubenden Urlaubsfotos höchstwahrscheinlich ebenfalls mit Photoshop bearbeitet wurden, oder?

Und diese glamourösen Aufnahmen des Lebensstils der Reichen und Berühmten sind doch nur Selfies, die in einem Ikea aufgenommen wurden, oder?

Aber wie viele Menschen wissen von den „Influencer-Fabriken“, in denen Angestellte eines riesigen Fake-Influencer-Imperiums unter ausbeuterischen Bedingungen schuften, um Inhalte für ihre leichtgläubigen Social-Media-Follower zu produzieren?

Nein, ich spreche nicht von den gruseligen Social-Media-„Colleges“, in denen reihenweise identisch gekleidete Möchtegern-Influencer lernen, wie man Ringleuchten benutzt und Produkte verhökert.

Ich spreche auch nicht von dem hier, was auch immer das ist.

Ich spreche von einem buchstäblichen Social-Media-Influencer-Lager voller Mitarbeiterinnen in gefakten Sets, die rund um die Uhr gefakte Inhalte erstellen.

Im Off-Guardian ist über das Video folgendes zu lesen:

    Es handelt sich um eine so genannte „Influencer Factory“, eine Gruppe junger Frauen, die in einem Lagerhaus untergebracht sind, um gefakte Social-Media-Inhalte auf fake Accounts zu posten. Alles nur, um Make-up, Kleidung oder Lebensmittel zu verkaufen. Oder, noch schlimmer, um armen Menschen, die nach einem wohlhabenderen Lebensstil streben, Hoffnung zu geben.

    Das ist düster, aber es wird noch düsterer.

    Denken Sie darüber nach: Wenn es so etwas gibt, um in Indonesien Wimperntusche und Unterwäsche zu verkaufen, dann stellen Sie sich vor, was für [Denk-] Fabriken es gibt, um Agenden oder Ideen der ganzen Welt zu verkaufen. Und stellen Sie sich vor, mit wie vielen Menschen, die dort arbeiten, Sie Ihre Zeit verschwendet haben, um sich zu streiten.

Aber da bin ich schon wieder beim Politischen. Ich weiß, ich bin ein Spielverderber. Aber nur zu, genießen Sie Ihre sozialen Medien! Seien Sie sich nur bewusst, dass alles, was Sie heutzutage auf einem Bildschirm sehen, so lange als Fälschung betrachtet werden sollte, bis es sich als echt erweist.

Epilog

OK, die Sache mit den Nachrichten ist irgendwie dubios. Und die Personen in den sozialen Medien scheinen auch nicht ganz echt zu sein.

Natürlich gibt es solche Fakes. Immer wieder. Man muss schon sehr blind sein, um dies nicht zu sehen. Oder sehr naiv, um etwas anderes zu glauben.

Aber zum Glück sind unsere Politiker sehr seriöse Menschen. Sie würden uns bestimmt nicht über die globale Geopolitik oder die Kriege anlügen, in die sie Milliarden von Euros pumpen, oder? Unsere Steuergelder übrigens.

Und Nachrichtenreporter (im Gegensatz zu den Teleprompterablesern im Fernsehen) sind zum Glück ebenfalls sehr seriöse Menschen. Sicherlich würden sie uns nie über das JFK-Attentat oder 9/11 oder COVID oder die Ukraine oder irgendeine andere weltbewegende Sache anlügen, oder?

Und Banker sind natürlich auch sehr seriöse Menschen. Sie würden uns doch nie anlügen, wenn es um die Billionen von Euros geht, die im globalen Finanzsystem herumschwimmen und hin und her geschoben werden, geschweige denn, wenn es um das globale Währungssystem geht, das diese Euros stützt, oder?

Das würden sie doch niemals tun, oder?

Oder?

(Inspiriert durch James Corbett)