Das National Endowment for Democracy (NED) ist eine US-amerikanische, staatlich finanzierte, jedoch formell private Organisation, die 1983 gegründet wurde. Offiziell hat sich das NED der Förderung von Demokratie weltweit verschrieben. Kritiker sehen darin jedoch ein Instrument der anglo-amerikanischen Außenpolitik, das gezielt Regimewechsel in denjenigen Ländern unterstützt, die den Interessen Washingtons entgegenstehen.[1]
Ursprung und Zielsetzung des NED
Das NED wurde während der Reagan-Ära ins Leben gerufen, um die „Infrastruktur der Demokratie“ – wie freie Presse, Gewerkschaften und politische Parteien – in Ländern zu fördern, die als Gegengewicht zu sozialistischen oder autoritären Regimen dienen sollten. Laut der offiziellen Webseite des NED (www.ned.org) vergibt es jährlich über 2.000 Zuschüsse an nichtstaatliche Organisationen in mehr als 100 Ländern. Die Finanzierung erfolgt weitgehend über den US-Kongress, was 2023 etwa 315 Millionen US-Dollar ausmachte. Kritiker wie der Journalist Stephen Kinzer[2] argumentieren jedoch, dass das NED als „weißer Handschuh“ der CIA agiert, um Operationen durchzuführen, die früher direkt von der CIA ausgeführt wurden, jedoch weniger öffentliche Kontroverse auslösen sollen.
Methoden und Kritik
Das NED nutzt verschiedene Methoden, darunter die Finanzierung von NGOs, Medienkampagnen, Schulungen für Aktivisten und die Unterstützung von Oppositionsgruppen. Es verfolgt eine „Langzeitstrategie“ für Regimewechsel, indem es über Jahre hinweg politische Akteure aufbaut, die US-Interessen dienen.[3]
Die Kritik am NED konzentriert sich auf mehrere Punkte:
- Selektivität: Das NED agiert vor allem in Ländern, die US-Interessen widersprechen, wie Russland, China oder Venezuela, während es autoritäre Verbündete wie Saudi-Arabien ignoriert.
- Subversion: Länder wie Iran und China werfen dem NED vor, „Farbrevolutionen“ zu orchestrieren, um pro-westliche Regierungen zu installieren.[4]
- Intransparenz: Obwohl das NED Transparenz betont, sind detaillierte Informationen über Zuschüsse seit 2021 schwer zugänglich.[5]
Perspektiven
Wenn eine Nichtregierungsorganisation, die von der US-Regierung gegründet und zu großen Teilen von ihr finanziert wird, was für sich genommen schon scheinheilig anmutet, Millionen von US-Dollar in oppositionelle Gruppen und Organisationen in ausgewählte Länder pumpt, ist es schwer zu glauben, dass der Hauptzweck darin besteht, die dortige aktuelle ausländische Regierung zu stabilisieren. Auch Selbstlosigkeit als Antrieb eines Hegemonen erscheint kaum glaubwürdig.
Die Tatsache, dass jedes Medienunternehmen die Meinung, Rhetorik und Weltanschauung seines Besitzers widerspiegelt, macht eine Recherche nach akkuraten Informationen beliebig aufwändig.
Werfen wir einen scharfen Blick auf das National Endowment for Democracy (NED) – wie gesagt, eine Nichtregierungsorganisation (NRO), die von der US-Regierung in großem Umfang finanziert wird – und stellen ihre erklärte Mission der Demokratieförderung in Frage, insbesondere wenn sie Millionen in Oppositionsgruppen in verschiedenste Länder des geopolitischen Interesses fließen lässt. Es lässt sich argumentieren, dass dies eher auf Destabilisierung als auf Stabilisierung bestehender Regierungen hindeutet. Dies lässt sich verbinden mit der allgemeineren Beobachtung über die Voreingenommenheit der Medien, die in weiten Bereichen deren Eigentumsverhältnisse widerspiegelt. Welche Belege gibt es dafür?
Die Finanzierung und Struktur des NED: Scheinheiligkeit oder Design?
Der Aufbau des NED lädt zu einer genauen Prüfung ein. Wie bereits einleitend ausgeführt wird die 1983 mit parteiübergreifender Unterstützung des US-Kongresses gegründete Organisation in erster Linie durch jährliche Zuwendungen des US-Außenministeriums finanziert – laut ihren eigenen Finanzberichten etwa 315 Millionen Dollar im Jahr 2023. Obwohl sie als Nichtregierungsorganisation eingestuft wird, verwischt ihre Abhängigkeit von Regierungsgeldern die Grenze zwischen Staat und unabhängigem Akteur. Carl Gershman, der erste und langjährige Präsident des NED, beschrieb die Organisation als das, was die CIA früher tat, nur offener, eine Anspielung auf ihre Wurzeln in der Strategie des Kalten Krieges. Gershman äußerte sich 1986 über die Gründung und den Zweck der Organisation mit den folgenden Worten:
„Es wäre schrecklich für demokratische Gruppen auf der ganzen Welt, als von der CIA subventioniert angesehen zu werden. Wir haben das in den 60ern gesehen, und deshalb wurde das Endowment geschaffen.“[6]
Dieses Zitat unterstreicht die Absicht, das NED als eine Alternative zu den verdeckten Operationen der CIA zu etablieren, um demokratische Bewegungen offen zu unterstützen, ohne den Makel der Geheimdienstfinanzierung. Es zeigt, dass das NED von seiner Stoßrichtung seit jeher darauf abzielte, ähnliche Ziele wie die CIA zu verfolgen, jedoch mit einer öffentlichen und „sauberen“ Fassade.
Diese hybride Identität – privat im Namen, öffentlich im Geldbeutel – mutet scheinheilig an, wenn man erwartet, dass NGOs frei von staatlichen Zwängen sind. Sie ist jedoch weniger widersprüchlich, wenn man sie als ein bewusst eingesetztes Instrument betrachtet: ein Weg für die USA, ihre Interessen ohne das offene Gepäck staatlicher Stellen durchzusetzen.
Finanzierung von Oppositionsgruppen am Beispiel ehemaliger Sowjetrepubliken
Das NED macht keinen Hehl daraus, dass es oppositionelle Gruppen, NGOs und Medien in Ländern wie der Ukraine und Georgien finanziert. Im Folgenden beispielhaft einige Daten aus den offiziellen NED-Berichten:
- Ukraine (Orange Revolution, 2004): In den NED-Berichten für 2003-2005 sind Zuschüsse für Gruppen wie Pora (65.000 Dollar und mehr) und das ukrainische Wählerkomitee für Wahlbeobachtung und zivilgesellschaftlichen Aktivismus aufgeführt – kleine Summen für sich genommen, aber Teil eines umfassenderen Jahresbudgets von 1-2 Millionen Dollar für die Ukraine. Kritiker, wie z. B. RIA Novosti, beziffern die Gesamtausgaben der USA (einschließlich USAID) auf 65 Millionen Dollar, obwohl der Anteil des NED geringer ist.
- Georgien (Rosenrevolution, 2003): NED finanzierte Kmara (100.000 $ und mehr) und das Liberty Institute und unterstützte Oppositionelle wie Micheil Saakaschwili im Kampf gegen Schewardnadse. Die Gesamtfinanzierung für Georgien belief sich vor der Revolution auf etwa 1 Million Dollar pro Jahr.
- Euromaidan (2013-2014): Die NED-Datenbank (vor 2022 gelöscht) zeigt 22,4 Millionen Dollar für 334 Zuschüsse von 2014 bis 2022, aber in früheren Jahren wurden wahrscheinlich 1 bis 3 Millionen Dollar pro Jahr für die Unterstützung von Medien, Nichtregierungsorganisationen und Aktivisten, die sich gegen Janukowitsch stellten, bereitgestellt.
Soweit die offiziellen Zahlen für die genannten Beispiele. Das sind also keine geheimen Putsche; denn das NED veröffentlicht die Details der Zuschüsse und bezeichnet sie als „Demokratiehilfe“. Nun kann man argumentieren, dass dieses Geld nicht dazu dient, amtierende Regierungen zu stabilisieren, insbesondere pro-russische Regierungen wie die von Schewardnadse oder Janukowitsch. Die „Hilfe“ geht an Dissidenten, Reformer und Beobachter, die oft einen Regierungswechsel und keine Regierungskorrekturen anstreben. In Georgien wurde Schewardnadse beispielsweise durch die Proteste von Kmara gestürzt, in der Ukraine haben Pora und andere die Orange Revolution angeheizt. Das Muster ist klar: Das NED unterstützt Kräfte, die den Status quo stören, wenn dieser dem Kreml nahestehend ist oder anderen US-Interessen zuwiderläuft.
Stabilisierung oder Umsturz?
Das erklärte Ziel vom NED ist die Stärkung „demokratischer Institutionen“, nicht die Unterstützung amtierender Regierungen. Ihre Befürworter argumentieren, dass dies die Länder langfristig stabilisiert, indem es eine verantwortungsvolle Regierungsführung fördert. Der Haken dabei ist, dass zuerst die bestehende Ordnung destabilisiert werden muss. In den ehemaligen Sowjetrepubliken stärkte das Geld des NED die jeweiligen politischen Herausforderer. Das gilt für alle Farbrevolutionen wie auch für den sogenannten Arabischen Frühling. Wenn „Stabilisierung der aktuellen ausländischen Regierung“ bedeutet, diese Leute im Amt zu halten, dann ist das sicher nicht die Aufgabe des NED.
Die Mission des NED deckt sich mit der Außenpolitik der USA: liberale Demokratie als Gegengewicht zum russischen oder chinesischen Einfluss. Kritiker bezeichnen dies als Subversion und verweisen auf das Chaos, das darauf folgt, z.B. die Unruhen in der Ukraine nach 2014.[7] Beide Seiten haben Recht.
Medien
Um beim Beispiel ehemaliger Sowjetrepubliken zu bleiben – RIA Novosti, das über Rossiya Segodnya als Kreml-nah bezeichnet werden kann, stellt das NED als Übeltäter dar, der „Farbrevolutionen“ anzettelt, um Russlands eigene Maßnahmen zu rechtfertigen, wie z.B. das Verbot des NED im Jahr 2015, welches möglicherweise aus gutem Grund erfolgte. Westliche Zeitungen wie der Guardian oder die New York Times stellen die Arbeit des NED gerne als nobel dar und spielen seine Rolle beim Sturz von Regierungen herunter.
Und die eigenen Berichte des NED? Sie klingen eher nach Selbstrechtfertigung – die Demokratie anpreisend und geopolitische Motive beschönigend.
Jede Quelle wird durch die Linse des NED gefiltert – ob staatlich oder unternehmerisch, russisch oder amerikanisch. Selbst Primärdaten, wie die Listen der NED-Zuschüsse, sind mit einem gewissen Spin versehen: „Staatsbürgerliche Erziehung“ klingt harmlos, bis man sieht, wie dort Demonstranten ausgebildet werden. Wir tun also gut daran misstrauisch zu sein und alle Informationen, die uns in den Medien präsentiert werden, kritisch zu hinterfragen.
Fazit
Die Millionen des NED stabilisieren kurzfristig nicht die amtierenden Regierungen, sondern finanzieren die Akteure des Wandels, die die Regierungen oft stürzen. Das ist keine Verschwörung, sondern das Drehbuch des NED, unterstützt durch US-Dollars und die Logik der Geopolitik. Ob das scheinheilig oder gar heuchlerisch ist, hängt von der jeweiligen Sichtweise ab: Wer der Meinung ist, dass Nichtregierungsorganisationen neutral sein sollten, sieht ihre Aktivitäten tendenziell als Täuschungsmanöver. Wer sie als verlängerten und transparenten Arm der US-Politik sieht, betrachtet sie eher als Geschäftsmodell. Die Medien, von RIA Novosti bis CNN, spiegeln ihre Herren wider – Russlands Angst vor Einkreisung, Amerikas „demokratischer Kreuzzug“. Die Wahrheit liegt in den Zahlen und Resultaten: Das NED finanzierte die Opposition, es folgten Revolutionen. Stabilisierung? Vielleicht in Zukunft. Aber der Weg dorthin ist zunächst mit Umwälzungen gepflastert. Das Handbuch zur Operationalisierung wurde bereits in den 1970er Jahren von Gene Sharp unter dem Titel „The Politics of Nonviolent Action“ veröffentlicht.
[1] https://powerbase.info/index.php/NED,_CIA,_and_the_Orwellian_Democracy_Project#.E2.80.9CProject_Democracy.22
[2] https://www.nybooks.com/contributors/stephen-kinzer/
[3] https://web.archive.org/web/20180721075721/https://www.counterpunch.org/2018/07/06/ned-pursues-regime-change-by-playing-the-long-game/
[4] https://web.archive.org/web/20241004135901/https://www.mfa.gov.cn/eng/wjb/zzjg_663340/xws_665282/xgxw_665284/202205/t20220507_10683090.html
[5] https://web.archive.org/web/20240827092019/https://www.heritage.org/global-politics/report/the-undemocratic-national-endowment-democracy-needs-oversight-and-reform
[6] https://web.archive.org/web/20250218081421/https://www.nytimes.com/1986/06/01/world/missionaries-for-democracy-us-aid-for-global-pluralism.html
[7] https://www.kopp-verlag.de/a/die-ukraine-krise-2014-bis-zur-eskalation-1
[8] F. William Engdahl: Geheimakte NGOs – Wie die Tarnorganisationen der CIA Revolutionen, Umstürze und Kriege anzetteln
[9] Gene Sharp: The Politics of Nonviolent Action – Part One: Power and Struggle
[10] Gene Sharp: The Politics of Nonviolent Action – Part Two: The Methods of Nonviolent Action
[11] Gene Sharp: The Politics of Nonviolent Action – Part Three: The Dynamics of Nonviolent Action