BSR 85: NEUsprech – und noch ein Ouroboro

Kennen Sie den Bericht „Manufacturing Misinformation: The EU-funded propaganda war against free speech“ von Dr. Norman Lewis, veröffentlicht vom Think Tank MCC Brussels?[1]

Können Sie sich noch an einen meiner ersten Blog-Beiträge mit dem Titel „Social Engineering“ erinnern?[2] Es war mein sechster – vom März 2018. Seitdem war das Thema „Meinungsbildung“ – oder nennen wir es zutreffender Propaganda – immer wieder Thema.

Ein ebenfalls immer wiederkehrendes Thema war und ist die Meinungsfreiheit, weil sie die Grundlage bildet für die zivilisatorische Weiterentwicklung einer Gesellschaft.[3]

Der oben genannte Bericht legt dar, dass die EU-Kommission seit etwa 2016 einen groß angelegten, indirekten Meinungssteuerungsapparat aufgebaut hat. Unter dem Vorwand, „Hate Speech“ und „Desinformation“ zu bekämpfen, wurden zwischen 2016 und 2025 insgesamt 349 Projekte mit rund EUR 650 Millionen Fördergeldern unterstützt.[4]

Unter dem Deckmantel von „Fakten“, „digitaler Sicherheit“ und „Hassprävention“ wird versucht, alternative Narrative systematisch zu delegitimieren und so die öffentliche Meinungsbildung zu lenken. Die Projekte werden bewusst mit scheinbar demokratischen Begriffen wie deliberative democracy, capacity building, co-creation, awareness raising, fact checker in the loop in „NEUsprech“ (=Neue EU-Sprache) getarnt, um Kritik abzulenken und Zensur und ihre autoritären Inhalte zu tarnen. Diese sprachliche Verschleierungssystematik macht Kritik schwer und täuscht den Eindruck eines neutralen Forschungsfeldes vor.

Auf diese Weise ist im Laufe der Jahre eine informelle Netzwerkstruktur aus nicht rechenschaftspflichtigen NGOs, Universitäten und Medien entstanden, gesteuert durch EU-Gelder, häufig im Rahmen von Horizon-Forschungsprogrammen finanziert, die den Anschein einer demokratiestärkenden Zivilgesellschaft erwecken sollen.

Weit davon entfernt, sich – demokratietypisch – auf einen offenen Dialog einzulassen, wird mit den bereits genannten und ähnlichen Begriffen, wie „deliberative Demokratie“, „Ko-Kreation“, „Kapazitätsaufbau“, „Bewusstseinsbildung“ oder „Faktenüberprüfung“ die erzwungene Sprachkontrolle als technokratische Effizienz dargestellt. Sie rechtfertigt den zunehmenden Einsatz von Algorithmen anstelle von menschlichem Urteilsvermögen. Mit zunehmender Automatisierung verschieben sich somit faktische Bewertungsprozesse ins Digitale. KI-basierte Tools entscheiden definitionsoffen, was Wahrheit oder Lüge ist, Information oder Desinformation und wer in der Öffentlichkeit sprechen darf.

Was als neutrale „Forschung“ dargestellt wird, ist oft die rituelle Bestätigung vorgefasster politischer Annahmen, wobei Hochschulen, Nichtregierungsorganisationen und Medienpartner finanzielle Anreize erhalten, um das Narrativ der Institutionalisierung der Sprachregelung durch die EU-Kommission zu legitimieren. Dadurch entsteht ein sich selbst verstärkender Zyklus: Geförderte Projekte liefern Forschungsergebnisse, die wiederum künftige Förderungen legitimeren. Probleme werden konstruiert, deren Existenz wissenschaftlich bestätigt und medienwirksam verbreitet und aufrechterhalten, um weitere Projekte zu legitimieren.

Die EU führt auf diese Weise einen demokratiefeindlichen, lautlosen Krieg, um die Sprache zu reglementieren und dadurch alternativen Narrativen die Legitimation zu entziehen. Es ist ein Kampf um die Sprache und das Recht, die Bedingungen der öffentlichen Kommunikation zu diktieren. Es handelt sich um einen autoritären, kuratierten Konsens von oben nach unten, bei dem die Meinungsäußerung nur dann „frei“ ist, wenn sie in der von der EU-Kommission vorgegebenen Sprache der Konformität erfolgt.

Diese Projekte, die sich unter dem Deckmantel der digitalen Sicherheit, der Eigenverantwortung und der demokratischen Teilhabe tarnen, zielen primär darauf ab, eine ideologische Infrastruktur für die Kontrolle politischer Narrative und die öffentliche Meinungsbildung auf dem gesamten Kontinent zu schaffen.

Das Geld der Steuerzahler wird gezielt verwendet, um die Sprache der öffentlichen Debatte zu kontrollieren und zu bestimmen. Dieser von Narrativen geleitete antidemokratische Kreuzzug verschleiert, dass die EU-Kommission einen systematischen Angriff auf die Meinungsfreiheit in Europa unternimmt.

Die Kontrolle der Sprache erschafft eine Infrastruktur der politischen Kontrolle, einen halb unsichtbaren Zensurapparat. Sprachnormen werden technokratisch vorgegeben, der offene Debattenraum wird verengt und schrumpft. Die Demokratie stirbt. Die Politische Opposition (insb. Populisten) wird als „extremistisch“, „radikal“ oder „gesundheitsgefährdend“ etikettiert, auf diese Weise isoliert und aus dem Diskurs verbannt. Plattformen zensieren vorsorglich (Chilling Effekt) – es entsteht eine Tendenz zur Selbstzensur, um vorsorglich potenziellen Strafen zu entgehen, wie sie z.B. im Digital Services Act (DSA) vorgesehen sind, statt zur Förderung einer offenen Debatte beizutragen.

Wissenschaft und NGOs degenerieren auf diese Weise zu Compliance-Treibern und sind keine unabhängigen Wissensproduzenten mehr. Das Streben nach Wahrheit wird ersetzt durch EU-Konformität. Auf diese Weise entsteht ein Ouroboro, das sich bis zum Kollaps von sich selbst ernährt und seine Existenzberechtigung aus der Erzeugung einer sich immer stärker zensierenden, den öffentlichen Debattenraum stetig verengenden, ins totalitäre abdriftenden Echokammer bezieht.

Besonders besorgniserregend ist die Priorisierung der Narrative-Kontrolle über tatsächliche gesundheitliche Herausforderungen wie z.B. Krebs, was zeigt, dass die EU die „Krankheit der Meinungsfreiheit“ mehr zu fürchten scheint, als tatsächliche Krankheiten. Die EU stellt mehr Mittel für die Narrative-Kontrolle bereit (650 Mio. Euro) als für die Krebsforschung (494 Mio. Euro).

Projektbeispiele:

  • FAST LISA (Fighting hAte Speech Through a Legal, ICT and Sociolinguistic Approach). Offiziell gegen Online-Hass. Tatsächlich KI-basiertes Monitoring. Schulung junger Menschen zu „Speech-Polizisten“. Automatisierte Jugendorientierung für EU-konforme Meinungen.[5]  
  • VIGILANT (Vital IntelliGence to Investigate ILlegAl DisiNformaTion). Offiziell eine Plattform für Polizei bei „Hassverbrechen“. Kritik: Entwickelt Echtzeit-Überwachung mit automatischer Kategorisierung. Legitimiert politische Opposition als „potentiellen Hate-Crime“.
  • VERA.AI (VERification Assisted by Artificial Intelligence). Offiziell ein Werkzeug für Journalisten zur Fake News Erkennung. Kritik: Die „Wahrheit“ wird durch algorithmisch definierte Daten bestimmt, die nicht diskutierbar sind. „Fact checker in the loop“ verlagert Debatten an nicht-transparentes System.[6]
  • D-Minority: Zielgruppe Minderheiten. Offiziell soll die Widerstandsfähigkeit gegen Desinformation gestärkt werden. Kritik: Einschränkung der eigenen Diskursfreiheit. Wer definiert „Desinformation“? Diskurskontrolle über Minderheiten.
  • CivAct: Offiziell Plattformen zur Einbindung junger Bürger in Debatten über Extremismus oder Hate-Speech. Kritik: Jugendarbeit wird instrumentalisiert, um staatlich vorgegebene Narrative zu internalisieren, statt kritischen Dialog zu fördern.
  • POLICE-DSA: Offiziell Polizeistrategien zur Überwachung von Online-Inhalten „zur Kriminalitätsprävention“. Tatsächlich: Grundstein für rechtlich fragwürdige Überwachung und politische Kontrolle.
  • EU-Alert: Offiziell Kommunikationsnetzwerk zur Echtzeit-Bekämpfung von Katastrophen-Desinformation. Kritik: Ausweitung der Infrastruktur auf politische „Desinformation“, ohne ausreichende demokratische Kontrollmechanismen.

Es ist wichtig, die moralische und intellektuelle Legitimität des Angriffs der EU auf die Sprache zu erkennen, in Frage zu stellen und transparent zu machen, wie die Sprache zur Software-Infrastruktur der Kontrolle geworden ist. Wenn die EU-Kommission definiert, was gesagt werden darf, wer es sagen darf und wie es formuliert werden muss, schützt sie nicht die Demokratie, sondern sie untergräbt sie.

Der Versuch der Neudefinition von freier Meinungsäußerung als potenzielle Bedrohung für die soziale Ordnung führt zwangsläufig zu einer Zensur, die durch finanzielle Anreize und ideologische Konditionierung verstärkt wird.

Die Möglichkeit des Widerstands, die Entwicklung alternativer Ideen, überhaupt der gesellschaftliche und zivilisatorische Fortschritt wird eingeschränkt, wenn Sprache verengt, abgeschwächt oder entleert wird.

Die freie Meinungsäußerung, einst der Eckpfeiler der europäischen Identität, wird unter der wohlklingenden Sprache von Vertrauen, Sicherheit und Zusammenhalt begraben, während diejenigen, die sich gegen diesen Prozess aussprechen, stillschweigend gesellschaftlich vernichtet werden.

Die Vielzahl thematisch vernetzter, EU-geförderter Projekte bildet ein kohäsives System zur Meinungssteuerung, das Untersuchungen, moderate Kontrolle und politischen Einfluss miteinander verzahnt. Dieses Instrumentarium – ideologisch verbrämt als „digitale Sicherheit“ – geht spätestens mit dem Digital Services Act in eine unsichtbare Zensur über.

Demokratie gedeiht aber gerade in offenen, kontroversen Diskursen – nicht in algorithmisch gefilterten Einheitsmeinungen. Der offene Debattenraum ist das elementare Kennzeichen von Demokratie.

Übrigens: Die Bezeichnung „Digital Services Act“ ist selbst Teil des NEUsprech. Zutreffender wäre die Bezeichnung „Digital Surveillance Act“. Um Argwohn in der Bevölkerung zu vermeiden, nehme man die Semantik des Wortes „Überwachung“ und umschreibe sie mit dem Wort „Dienstleistung“. Auf diese Weise wird das menschliche Frühwarnsystem gezielt unterlaufen.


[1] https://brussels.mcc.hu/publication/manufacturing-misinformation-the-eu-funded-propaganda-war-against-free-speech

[2] http://bloggah.de/bsr-6-social-engineering/

[3] http://bloggah.de/bsr-71-zensur-und-redefreiheit-condensed/

[4] brussels.mcc.hu+7brussels.mcc.hu+7brussels.mcc.hu+7hungarytoday.hu+4brussels.mcc.hu+4academyofideas.uk+4

[5] MCC Brussels Exposes EU’s Covert €649 Million Propaganda War Against Free Speech

[6] MCC Brussels Reveals EU’s Alleged Suppression of Free Speech | DISA