Prolog
In der Überzeugungs- und Manipulationsarbeit gibt es genau drei Ebenen, auf denen das Verhalten anderer Menschen oder das eigene beeinflusst werden kann: die elektrische Ebene, die chemische Ebene und die genetische Ebene.
Auf der elektrischen Ebene wird der Denkprozess einer Person in eine andere Richtung gelenkt.
Auf der chemischen Ebene werden in einer Person bestimmte emotionale Zustände erzeugt, die einer Sache dienlich sind.
Auf der genetischen Ebene werden diejenigen Auslöser getriggert, die eine Person gefügiger, gehorsamer, beeinflussbarer etc. machen. Diese Auslöser sind genetisch programmiert, wurden in den vergangenen 100 Jahren bestens erforscht und können gezielt aktiviert werden. Die Auslöser auf der genetischen Ebene sind die mächtigsten. „Gute Überzeugungsarbeit funktioniert, weil unsere Vorfahren überlebt haben.“
Sie werden vor allem von denjenigen aktiviert, die kaum unser Bestes im Sinn haben. In der Produktwerbung sind wir uns dessen zwar bewusst, werden aber trotzdem beeinflusst, wenn wir sie schauen. Hinsichtlich der Nachrichtensendungen sind sich die meisten Menschen der Beeinflussung nicht bewusst. Wer sich der Werbung oder den Nachrichten medial aussetzt hat praktisch keine Möglichkeit, sich der Beeinflussung zu entziehen. Noch einmal: Wer sich dem medial aussetzt hat praktisch keine Möglichkeit, sich der Beeinflussung zu entziehen. Verstehen Sie? Wenn Sie Nachrichtensendungen schauen, werden sie manipuliert – ob Sie wollen oder nicht! Die folgenden Merkmale psychologischer Kriegsführung (Psyop) beziehen sich vor allem auf die genetische Ebene.
FATE-Modell
Fokus: Psyops zielen immer darauf ab, Ihre Aufmerksamkeit mit Wiederholungen, schockierenden Bildern und angstauslösenden Szenarien zu lenken. Einige Beispiele sind die 24/7-Medienberichterstattung über eine Krise oder die ständige Wiederholung von Begriffen wie „beispiellos“. Fragen Sie sich, warum diese Botschaft so aggressiv propagiert wird. Vergleichen Sie, wie viel Sendezeit verschiedene Geschichten erhalten, und achten Sie auf einen übermäßigen Fokus.
Autorität: Vertrauenswürdige Personen könnten ihren Ton oder ihre Position absichtlich ändern, um die Berichterstattung zu unterstützen. Achten Sie sehr genau auf Expertengremien oder Befürwortungen, bei denen sich Autoritätspersonen außerhalb ihres Fachwissens äußern.
Tribe (Gruppe): Botschaften, die Meinungen polarisieren oder Gruppen gegeneinander ausspielen (in-group versus out-group) oder unsere Instinkte ausnutzen, indem sie beispielsweise eine Gruppe als Patrioten, die andere als Verräter oder die eine als Wissenschaftler, die andere als „Leugner“ bezeichnen. Seien Sie wachsam, wenn Sie diese Sprache hören.
Emotionen: Seien Sie ebenso wachsam bei jeder Information, die starke Emotionen wie Angst, Hoffnung oder Empörung auslöst, ohne dass es dafür klare, nachprüfbare Beweise gibt. Emotionale Reaktionen unterdrücken kritisches Denken. Noch einmal: Emotionale Reaktionen unterdrücken kritisches Denken! Wenn Fakten durch Appelle an Emotionen ersetzt werden, ist Vorsicht geboten. Denken wir zum Beispiel an einen Nachrichtensender, der während einer Lebensmittelkrise immer wieder Bilder von leeren Lebensmittelregalen und panischen Einkäufern zeigt. Wenn dies jede Sendung dominiert, treibt es die Menschen in ein angstgesteuertes Verhalten.
Neuigkeiten
Unser Gehirn ist so verdrahtet, dass es sich auf plötzliche oder ungewöhnliche Veränderungen oder Neuerungen fokussiert, weil sie potenzielle Bedrohungen oder Chancen signalisieren. Das ist ein evolutionärer Überlebensmechanismus.
Psyops machen sich dies zunutze, indem sie Ereignisse schaffen, die die normalen Erwartungen durchbrechen, wie z. B. unerwartete Krisen oder dramatische Enthüllungen. Fragen Sie sich, warum ist dies neu. Überlegen Sie, ob das Ereignis oder die Botschaft von jemandem künstlich erschaffen oder zeitlich abgestimmt wurde. Achten Sie auf Muster, wie plötzliche Veränderungen der öffentlichen Meinung, ungewöhnliche Hashtags oder virale Videos, die scheinbar zufällig erscheinen. Stellen Sie sich ein neues virales Video vor, das behauptet, eine Vertuschung durch die Regierung aufzudecken, das aber praktischerweise genau an dem Tag veröffentlicht wird, an dem es belastende Beweise gegen einen hochrangigen Beamten gibt. Richtiges Timing verlagert den öffentlichen Fokus.
Quellenvielfalt
Zentrale Narrative schaffen eine Echokammer, bringen Andersdenkende zum Schweigen und Verengen die Perspektiven. Wenn zum Beispiel alle Medien identische Argumente präsentieren, ist das ein deutliches Warnsignal. Suchen Sie also aktiv nach konträren oder unabhängigen Stimmen, auch wenn sie etwas in Frage stellen, das Sie bereits im Sinn haben. Ein Beispiel aus der Realität: Während einer möglicherweise ausbrechenden Gesundheitskrise berichten alle großen Nachrichtensender über genau dieselbe Studie, aber unabhängige Forscher fanden heraus, dass die Studie von einem Unternehmen finanziert wurde, das die Lösung verkauft.
Kognitive Dissonanz
Kognitive Dissonanz tritt dann auf, wenn neue Informationen mit unserer Identität oder unseren Überzeugungen im Widerspruch stehen. Psyops machen sich dies zunutze, indem sie Mikroverträge einbauen. Mikroverträge sind kleine, scheinbar harmlose Zugeständnisse zur Formung Ihrer Identität. Im Laufe der Zeit werden Sie Ihr Verhalten unbewusst daran ausrichten, diesen inneren Konflikt zu reduzieren. Dazu mehr in einem separaten Blog-Beitrag.
Eine Instrumentalisierung der kognitiven Dissonanz erfolgt beispielsweise, wenn Sie als Teil einer moralischen oder intelligenten Aufklärung dargestellt werden, wie z.B. nur gute Bürger tun XYZ. Wenn Sie mit XYZ nicht einverstanden sind, riskieren Sie einen Identitätskonflikt. Denken Sie also über Ihre Identität nach und fragen Sie sich, ob Sie dazu gedrängt werden, sich mit einer anderen Gruppe zu identifizieren. Seien Sie wachsam bei Kampagnen, die Sie zu scheinbar geringfügigen Verpflichtungen auffordern, wie z. B. das Unterzeichnen von Petitionen oder das Ändern Ihres Profilbildes, die sich später zu einer größeren Verpflichtung oder Forderung entwickeln. Ein Beispiel hierfür ist die Werbekampagne eines Unternehmens, das behauptet: „Echte Patrioten kaufen lokal“. Wenn Ihnen das Produkt nicht gefällt, fühlt es sich an, als würden Sie Ihre Identität als Patriot ablehnen.
Genetische Skripte
Skripte wurden von unseren Vorfahren in unser Gehirn geschrieben. Manipulative Narrative lösen Instinkte aus, wie Verlustangst, Angst vor Knappheit, Angst vor sozialer Ablehnung oder Angst vor Gefahr. Ein Medienbericht könnte z.B. über Lebensmittelknappheit berichten und damit Überlebensskripte aktivieren, die Panikkäufe und Ähnliches auslösen. Plötzliche Warnungen über begrenzte Ressourcen wie Wasser oder Medikamente lösen ein ähnliches Verhalten aus.
Ablehnung durch die Gemeinschaft. Das sind Drohungen, dass man gesellschaftlich ausgeschlossen oder gar geächtet wird, dass man egoistisch ist, wenn man sich nicht an Regeln hält. Derartige Dinge übersteuern stets unser rationales Denken.
Durchbrechen Sie das Skript, indem Sie sich auf Fakten konzentrieren. Fragen Sie sich, wie wahrscheinlich dieses Szenario ist. Vergleichen Sie die Behauptungen mit anderen Quellen. Wenn ein Politiker zum Beispiel behauptet, dass man sofort handeln müsse, sonst hätten unsere Kinder keine Zukunft, triggert das genau diesen Überlebensinstinkt, den wir von unseren Vorfahren geerbt haben und der uns dazu bringt, das Leben unserer Kinder schützen zu wollen. Es wird aber möglicherweise nur eine faktenfreie Dringlichkeit fabriziert.
Folge dem Geld
Suchen Sie nach einer Spur von Begünstigten. Versuchen Sie herauszufinden, wer von einer Situation profitiert, dann erkennen Sie das Motiv. Suchen Sie nach Finanzierungsquellen wie Sponsoring oder politischen Verbindungen, die mit der Geschichte verbunden sind. Verwenden Sie Tools wie opensecrets.org oder öffentliche Finanzunterlagen, um zu erkennen, wer von einer Situation profitiert. Stellen Sie sich eine Wohltätigkeitsorganisation vor, die sich für saubere Energie einsetzt. Klingt nobel, bis Untersuchungen zeigen, dass sie von einem Solarmodulkonzern finanziert wird, der Lobbyarbeit betreibt um Subventionen zu bekommen.
Kontextanalyse
Der Kontext definiert, was zulässig ist. Manipulative Menschen verschieben den Kontext, um extremes Verhalten zu normalisieren.
Beispiel: in Notfällen akzeptieren Menschen Überwachung oder Kriegsrecht, was sie normalerweise von Grund auf ablehnen würden. Fragen Sie stets nach dem Kontext. Vergleichen Sie ähnliche Ereignisse in verschiedenen Umgebungen, um zu sehen, ob die Regeln oder Reaktionen unverhältnismäßig erscheinen. Suchen Sie nach Widersprüchen.
Die größte Erkenntnis ist, sich der Tatsache bewusst zu sein, dass die Fähigkeit, kognitive Dissonanz als Waffe zu nutzen, und dann den Kontext zu verändern, jeden dazu bringen kann, fast alles zu tun. Nehmen wir an, es gibt einen großen Cyberangriff. Die Regierungen erlassen nun weitreichende Überwachungsgesetze, um „die Bevölkerung zu schützen“. Durch diesen veränderten Kontext können zuvor inakzeptable Handlungen plötzlich gerechtfertigt und umgesetzt werden.
Archetypen
Archetypen sind in unsere Gehirne eingewoben. Psyops vereinfachen Erzählungen, indem sie Archetypen wie Helden, Schurken und Retter verwenden (Dramadreieck).
Beispiele sind die Darstellung eines Anführers als einzige Lösung oder die Verteufelung eines Anständigen als Feind. Zerlegen Sie die Geschichte. Fragen Sie sich, wer die Akteure sind und welche Rolle sie spielen. In der realen Welt wird ein Anführer gerne wiederholt als Retter dargestellt, der gegen das personifizierte Böse kämpft. Das Narrativ ignoriert bewusst Fehler und vereinfacht den Konflikt, um eine genauere Analyse zu verhindern.
Framing
Erwartung: Was wird von Ihnen erwartet zu glauben oder zu tun, basierend auf den Dingen, die in den Medien berichtet werden?
Überzeugung: Welche Annahmen werden über Sie getroffen, über Ihre Wertvorstellungen oder Ihre Ängste?
Wahrnehmung: Wie wird die Realität geformt, z. B. durch selektive Fakten oder fehlende Zusammenhänge?
Definition: Welche „Wahrheit“ wird als unanfechtbar dargestellt?
Informationsunterdrückung: Schauen Sie nach Themen, die unterdrückt, nach Kritikern, die mundtot gemacht werden. Wenn jemand zum Schweigen gebracht werden muss, damit sich eine Idee durchsetzen kann, dann ist die Idee nicht sonderlich gut. Wenn alternative Standpunkte diskreditiert werden, ist das ein wichtiger Punkt, auf den Sie achten sollten. Überprüfen Sie Zeitleisten von Ereignissen. Achten Sie darauf, ob Kritiker als Verschwörungstheoretiker abgestempelt werden oder ob Algorithmen eine bestimmte Suche unterdrücken. Beispiel: Ein Unternehmensskandal, bei dem das PR-Team des Unternehmens die Kritiker als verärgerte Mitarbeiter mit viel Missmut darstellt. Dadurch wird der Schwerpunkt von den legitimen Bedenken auf die Motive der Kritiker verlagert, ohne dass unser Gehirn dies merkt.
Plötzliche Änderung der Konformitätsrichtung
Seien Sie wachsam, wenn sich die Befolgung von Vorschriften schnell verändert. Das ist beängstigend und geschieht jeden Tag. Psyops schaffen Dringlichkeit, um eine schnelle Konformität zu bewirken. Taktiken sind Dinge wie emotionale Appelle, inszeniertes Gruppenverhalten oder falscher Konsens. In diesem Fall ist es wichtig innezuhalten und dem Handlungsdruck zu widerstehen, die Konformität so weit wie möglich zu hinterfragen und die Botschaften zu prüfen, indem man die Skeptiker anspricht. Beispielsweise könnte eine virale Social-Media-Kampagne alle Nutzer dazu bringen, ein brandneues Symbol oder Profilbild oder Hashtag quasi über Nacht zu übernehmen, um eine Welle der Konformität auszulösen.
Timing
Timing ist alles. Fragen Sie sich, warum etwas gerade jetzt passiert. Von welchen anderen Ereignissen oder Skandalen könnte diese Sache ablenken? Achten Sie auf ein vermeintlich zufälliges Timing mit nicht zusammenhängenden großen Nachrichten oder politischen Bewegungen. Psyops sind sehr oft ein Ablenkungsmanöver. Im wirklichen Leben kann es vorkommen, dass eine Trennung von einem Prominentenpaar genau dann die Schlagzeilen beherrscht, wenn ein wichtiger Untersuchungsbericht über Korruption in der Regierung veröffentlicht wird. Zufall? Eher nicht.
Logische Trugschlüsse
Schärfen Sie Ihr Gehirn, Ihre Wahrnehmung, um die bislang genannten Manipulationstaktiken zu hören, zu erkennen und zu verstehen.
Eines der wichtigsten Dinge, ist, dem Gehirn beizubringen, logische Irrtümer zu erkennen. Psyops verwenden sehr oft diese Argumentationstechniken, um Menschen zu überzeugen. Wenn Sie sie erkennen, sind Sie viel schwerer zu manipulieren. Im Folgenden 10 Beispiele, mit denen Sie Ihr Gehirn trainieren können.
Appell an Emotionen: Omnipräsent. Dabei werden Angst, Wut und Hoffnung erzeugt, um das rationale Denken zu umgehen. Beispiel: Wenn Sie diese Sache nicht unterstützen, werden Ihre Kinder leiden.
Strohmann-Argument: Dabei wird das Argument eines anderen falsch dargestellt, damit es besser angreifbar wird. Jemand könnte also sagen, dass er gegen Lockdowns ist, weil er sich nicht um Menschenleben schert. Denken Sie mal darüber nach.
Mitläufer-Trugschluss: Es wird verbreitet, Millionen von Menschen stimmen X, Y und Z zu, also sollten Sie auch zustimmen.
Falsches Dilemma: Es werden nur zwei extreme Positionen präsentiert und dazwischen liegende Alternativen ignoriert. Es ist also der „entweder bist du für uns oder gegen uns“-Trugschluss.
Argumentum ad-hominem: Angriff der Person an Stelle dessen, was die Person sagt. Seien Sie wachsam – ad hominem ist weit verbreitet. Wenn Sie hören, dass Sie jemandem nicht trauen können, weil er z.B. kein Wissenschaftler ist oder kein Experte, dann wird versucht, die Person zu diskreditieren, um sich mit ihren sachlichen Argumenten nicht auseinandersetzen zu müssen.
Appell an Autorität: Eine Behauptung soll deswegen als wahr wahrgenommen werden, weil sie von einer Autoritätsperson geäußert wurde.
Dammbruchargument: Die Behauptung, dass eine bestimmte Aktion zu zahlreichen negativen Folgeereignissen und damit zu einem extrem negativen Ergebnis führen wird. Jemand sagt etwas wie: Wenn wir das zulassen, werden wir alle unsere Freiheiten verlieren, alle unsere Freiheiten sind weg, das ganze Land geht vor die Hunde. Seien Sie sehr aufmerksam und vorsichtig, wenn Sie so etwas hören.
Voreilige Verallgemeinerungen: Pauschale Behauptungen, die mit sehr wenig Beweisen aufgestellt werden. Beispiel: zwei Politiker haben gelogen, also müssen alle Politiker korrupt sein. Eine riesige Behauptung, ein winziger Beweis.
Red Herring: Menschen werden mit irrelevanten Informationen abgelenkt. Beispiel: Warum machen wir uns Sorgen um den Klimawandel, wenn es doch gerade so viele Verbrechen gibt? Falsche Äquivalenz: Darstellung zweier Dinge als gleichwertig, obwohl sie absolut nicht gleichwertig sind. Beispiel: beide Seiten haben Extremisten, also sind sie genau gleich.
Epilog
Mit diesem Handwerkszeug im Hinterkopf lassen sich Manipulationsversuche zwar leichter durchschauen. Eine Vermeidung medialer Manipulation erreichen Sie aber nur, wenn Sie sich erstens bewusst machen, dass es die ureigene Aufgabe der Medien ist, Sie zu beeinflussen, und Sie sich zweitens dem weitestgehend entziehen. Je mehr Sie sich insbesondere Nachrichtensendungen aussetzen, desto mehr werden Sie unbewusst beeinflusst. Sie können sich dieser Beeinflussung nicht entziehen, weil sie Bereiche Ihres Gehirns ansprechen, die Sie über ihr rationales Denken nicht kontrollieren können.
Wenn Sie ein selbstbestimmter Mensch sein wollen, suchen Sie nach alternativen Möglichkeiten der Informationsbeschaffung. Seien Sie wachsam.