BSR 43: Philanthropie als Geschäftsmodell condensed

Transkript:

Der Philanthrop

Haben Sie sich jemals gefragt, wieso so viele Philanthropen mit vollen Händen hunderte Millionen Euro zum Wohle der Menschheit ausgeben und dabei immer reicher werden? Falls Sie sich für die Aufklärung dieses vermeintlichen Paradoxons interessieren, bleiben sie dran.

[Intro]

Sie haben einen Sack voll Geld und wissen nicht wohin damit? Sie sind es leid, regelmäßig schlechte Presse zu bekommen aufgrund ihres unfairen Geschäftsgebarens oder aufgrund ihrer dubiosen Währungsspekulationen?

Werden Sie Philanthrop! Vereinen Sie die einzigartige Möglichkeit, mit Ihren zweifelhaften Geschäftsmethoden unbehelligt fortzufahren und dabei medial als Wohltäter der Menschheit dargestellt zu werden. Und das geht so:

Mit ihrem Sack voll Geld haben Sie grundsätzlich zwei Möglichkeiten:

Möglichkeit 1: Sie überlassen einen Gutteil davon dem Fiskus in Form von Steuern. Dieses Geld wird zwar auch der Allgemeinheit zugeführt, was Ihnen als Philanthrop im Prinzip recht wäre, aber Sie als Geschäftsmann nicht zufriedenstellen würde, weil sich durch Ihre Steuern Ihr Vermögen nicht vermehrt, sondern vermindert. Das Geld wäre einfach weg.

Möglichkeit 2: Anstatt Steuern zu zahlen, gründen Sie eine Stiftung und überführen Ihr Vermögen und Ihre jährlichen Gewinne in diese Stiftung. Das ist weitestgehend steuerfrei. Mit Ihrer Stiftung machen Sie sich nun stark für die Bewältigung globaler Herausforderungen. Sie soll ja einem wohltätigen Zweck dienen. Dafür eignen sich Themen wie Gesundheit, Umweltschutz, Klimawandel, Armut und dergleichen.

Sie suchen sich ein Thema Ihrer Wahl, formulieren dazu ein Programm, das zum Wohle der Menschheit unbedingt umgesetzt werden sollte, initiieren eine sogenannte Geberkonferenz und sind natürlich bereit, hierfür über Ihre Stiftung viele Millionen Euro zu spenden. Zu der Geberkonferenz laden Sie bevorzugt Regierungsvertreter verschiedener wohlhabender Nationen ein. Diese kommen natürlich gerne. Denn sie wollen ja nicht dastehen, wie jemand, dem das wohl der Menschheit gleichgültig wäre. Deswegen bringen die Regierungsvertreter viel Geld mit. Wenn Sie zum Beispiel 100 Millionen Euro beisteuern, steuern die teilnehmenden Staaten zusammen erfahrungsgemäß mehrere Milliarden bei. Man will sich ja nicht lumpen lassen. Kommt vielleicht auch nicht so drauf an, denn es ist ja das Geld der Steuerzahler. Die werden freilich nicht gefragt, sondern bestenfalls darüber informiert. Auf diese Weise entsteht aus ihren 100 Millionen in kürzester Zeit ein Geldtopf mit mehreren Milliarden Euro für das Thema Ihrer Wahl.

Die Zusammenführung ihres privaten Geldes, mit dem öffentlichen Geld der Steuerzahler wird landläufig als Public Privat Partnership, kurz PPP, bezeichnet, im deutschsprachigen Raum auch gerne als ÖPP (Öffentlich Private Partnerschaft).

In den Medien werden Sie daraufhin für Ihre Millionenspende als großzügiger Philanthrop gefeiert, weil Sie dieses wichtige Thema voranbringen und weil Sie gleichzeitig eine so große Summe aus ihrem Privatsäckel uneigennützig dazu beisteuern.

Etwas weniger uneigennützig beteiligen Sie sich parallel entweder direkt oder über Ihre Stiftung oder eine Beteiligungsgesellschaft oder auf eine andere Art und Weise an diversen Wirtschaftsunternehmen. Die Auswahl Ihrer Unternehmensbeteiligungen erfolgt dabei nicht zufällig. Denn Sie beteiligen sich bevorzugt an solchen Unternehmen, die besonders in Frage kommen, um das Programm und die daraus resultierenden Projekte umzusetzen – die also in den Genuss des eingesammelten Geldes kommen werden. Denn als Initiator und großer Privatspender der Geberkonferenz haben Sie natürlich einen gewichtigen Einfluss auf die Vergabe des Geldes. Dass die finanziellen Zuwendungen schwerpunktmäßig an Unternehmen und Organisationen fließen, an denen Sie beteiligt sind, ist dabei natürlich kein Zufall, wird aber in den Medien, wenn überhaupt, nur beiläufig erwähnt und bleibt regelmäßig unter der Wahrnehmungsschwelle der Bevölkerung.

Und so schließt sich der Kreis. Auf diese Weise werden Milliardensummen von Steuergeldern von unten nach oben umverteilt – von der Masse der Steuerzahler auf Ihr Philanthropen-Bankkonto.

Noch einmal zum Mitdenken

Die von Ihnen beigesteuerten Millionen sind keine selbstlose Spende, sondern eine Investition. Diese Investition vervielfacht sich durch die hinzugefügten Steuergelder der verschiedenen Staaten und fließt anschließend über die initiierten Programme und Projekte an diejenigen Unternehmen, an denen Sie sich zuvor beteiligt haben. Da Sie es geschickt anstellen, sind die Unternehmensgewinne, die Sie auf diese Weise einstreichen, um ein Vielfaches höher, als die Millionen, die Sie anfänglich investiert … ähm … gespendet haben. Und dafür werden Sie medial als Philanthrop gefeiert.

Diese Unternehmensgewinne führen Sie dann wieder ihre Stiftung zu, damit Sie sie nicht versteuern müssen. Und das Spiel beginnt von vorne, mit dem nächsten Thema, mit dem nächsten Programm.

Ist das deutlich geworden? Haben Sie es wirklich verstanden?

Philanthropie ist keine Wohltätigkeitsveranstaltung, wie es uns die Medien weismachen wollen, sondern ein Geschäftsmodell!

Noch einmal zum Mitschreiben

Der Philanthrop investiert einen Teil seines Vermögens, lässt durch Nationalstaaten öffentliche Gelder beisteuern, die ein Vielfaches seines „gespendeten“ Betrages ausmachen, und sorgt dann dafür, dass diese Gesamtsumme vor allem an die Unternehmen verteilt wird, an denen er beteiligt ist. Auf diese Weise verschenkt der Philanthrop beliebig viel Geld und wird trotzdem gleichzeitig immer reicher.

Wir merken uns: Wann immer Sie in den Medien auf das Wort Philanthrop stoßen, sollten bei Ihnen alle Alarmglocken angehen. Wenn dann auch noch über dessen Großzügigkeit und über Konferenzen berichtet wird, bei denen Regierungsvertreter zusammenkommen, um sich für eine „gute Sache“ zu engagieren und dafür viel Geld bereitstellen, können Sie sicher sein, dass das soeben beschriebene Geschäftsmodell zum Tragen kommt und es um die Umverteilung von Steuergeldern geht von der Masse der Bevölkerung in die Hände weniger sogenannter Philanthropen.

[Outro]

Mehr Medienkompetenz, weniger Manipulation.